Der Löwenpudel von Osnabrück

Maria Elisabeth Doerk
Maria Elisabeth Doerk
April 6, 2025
5 min Lesezeit

„Wir treffen uns beim Löwenpudel!“ Was in anderen Städten vielleicht Kopfschütteln auslöst, ist in Osnabrück gang und gäbe. Das Monument des Löwenpudels auf dem Domvorplatz ist ein bekannter und beliebter Treffpunkt. Besonders als Ausgangspunkt für abendliche Erkundungen des Heger-Tor-Viertels ist der Löwenpudel bei Studenten beliebt.
Doch was hat es mit dieser Darstellung auf sich? Hat Osnabrück eine besonders lange Tradition der Hundezucht? Oder werden hier Tierversuche mit abnormen Kreuzungen unternommen? – Keine Angst, es handelt sich um nichts dergleichen!

Löwenpudel oder „des Pudels Kern“

Der Löwenpudel ist nicht nur ein bedeutendes historisches Monument, sondern auch ein Symbol für den Stolz und die Identität der Osnabrücker Bevölkerung. Es dient als Treffpunkt für Einheimische und Touristen gleichermaßen und bietet einen Ort, an dem Menschen zusammenkommen und sich über die Geschichte und Kultur der Stadt austauschen können. Darüber hinaus hat der Löwenpudel im Laufe der Jahrhunderte verschiedene historische Ereignisse miterlebt. Er wurde Zeuge von Kriegen, politischen Veränderungen und dem Wandel der Gesellschaft. Das Denkmal hat eine kontinuierliche Präsenz in der Stadt und steht als stummer Zeuge vergangener Epochen und bedeutender Momente in Osnabrücks Geschichte.

Mehr Löwe als Pudel?

Der Löwenpudel in Osnabrück ist nicht nur ein stummes Denkmal, sondern birgt auch einige faszinierende Legenden und Geschichten, die im Laufe der Jahrhunderte mit ihm verbunden wurden. Diese Überlieferungen haben dazu beigetragen, den Löwenpudel zu einem noch magischeren Ort zu machen und die Fantasie der Menschen zu beflügeln.

Die Statue des Löwenpudels vor dem Osnabrücker Dom

Eine der bekanntesten Legenden erzählt von einem treuen Hund. Angeblich soll der Löwenpudel die Osnabrücker an diesen treuen Hund erinnern, der ihnen vor langer Zeit, vor rund 1200 Jahren, einmal das Fell gerettet haben soll. Karl der Große, der spätere Kaiser, gründete in Osnabrück einen Bischofssitz und trieb die Christianisierung der Gegend voran. Von den zuvor heidnischen Untertanen ließ er sich die Treue schwören. Als Reisekönig verblieb Karl nicht dauerhaft an einem Ort. Nachdem er wieder seines Weges gezogen war, wandten sich die Bürger so schnell wie möglich wieder ihrem früheren Herzog Widukind und ihren heidnischen Bräuchen zu. Als Karl das hörte, wurde er rasend vor Wut und schwor, das erste Lebewesen zu köpfen, dem er nach seinem neuerlichen Einzug in Osnabrück begegnen würde.
Als er wieder nach Osnabrück kam, war das erste Lebewesen, das er sah, seine Schwester. Sie war nämlich vor Ort mit einem christlichen Sachsen verheiratet. Sie ging ihrem Bruder entgegen, um ihn zu besänftigen, er möge die Osnabrücker doch verschonen. Erst im allerletzten Moment überholte der Lieblingshund der Schwester sie und kam als erstes bei Karl an. Dieser hatte den
Hund einst seiner Schwester geschenkt. So konnte Karl seinen Schwur halten und seine Schwester am Leben lassen. Stattdessen schlug er dem Hund den Kopf ab. Angeblich sollen dankbare Bürger zum Gedächtnis des Tieres diese Statue gestiftet haben. So erzählt man es sich. Doch das ist natürlich nur Seemannsgarn!

Karl der Große an der Fassade des Osnabrücker Rathauses

Da die Pudelzucht erst Ende des 19. Jahrhunderts begann, ist eine Begegnung des Frankenherrschers mit dem possierlichen Tierchen ausgeschlossen. In Wirklichkeit zeigt die Statue die Darstellung eines Löwen und keines Hundes. Der Löwe ist als Symbol immer ein Zeichen der Gerichtsbarkeit einer Stadt. Genau an seinem Standort, vor dem Dom, tagte nämlich das Blutgericht, in dem die schwereren Vergehen verurteilt wurden, die gegen Osnabrücker Bürger verhandelt wurden.
Das Problem? Im 14. Jahrhundert, als die Statue erstmals erwähnt wird, hatte der ausführende Steinmetz wohl noch nie einen leibhaftigen Löwen zu Gesicht bekommen. Diese sind in Osnabrück erst heimisch geworden, als man 1936 den Zoo eröffnete. Der Steinmetz musste die Statue also allein nach mündlicher Überlieferung fertigen oder nach Zeichnungen seiner Vorgänger. Ein Maßstab für einen echten Löwen war offenbar nicht beigelegt, sonst wäre die Figur wohl um einiges größer und majestätischer geraten. Heraus kam also nur ein relativ kleiner Löwe – eben so groß wie ein Pudel.

Das Erbe des Löwenpudels

Der Löwenpudel ist nicht nur ein Denkmal, sondern ein lebendiges Stück Geschichte, das dazu einlädt, sich mit der Vergangenheit der Stadt zu beschäftigen und die Bedeutung Osnabrücks zu erfassen. Bis heute wird das Andenken dieser außergewöhnlichen Statue geehrt und weitergetragen. Am letzten Spieltag jeder Saison verleiht der VfL Osnabrück den Fanpreis „Löwenpudel der Saison“. Diese besondere Auszeichnung ehrt eine Person – egal ob Spieler, Verantwortliche, Funktionär oder Fan – die auf oder neben dem Fußballplatz mit Einsatz, Leidenschaft und Teamgeist für den lila-weißen Verein überzeugt haben. Die Bürgerstiftung Osnabrück hat gemeinsam mit der Sparkasse den Löwenpudel sogar als Stofftier entwerfen lassen und jedes Jahr aufs Neue treffen sich alle Osnabrücker gerne vor dem Denkmal, um gemeinsam die Maiwoche oder den Weihnachtsmarkt zu erkunden.

Neben dem Löwenpudel gibt es noch viele weitere faszinierende Geschichten und historische Orte in Osnabrück zu entdecken. Unsere Stadt- und Themenführungen bieten Dir die ideale Möglichkeit diese Orte kennen- und lieben zu lernen! Erlebe mit uns die Schönheit und den Charme von Osnabrück und lass Dich von den Geschichten und Geheimnissen verzaubern. Erlebe Geschichte und Kultur auf eine einzigartige und unterhaltsame Weise – begleitet von unseren leidenschaftlichen und kompetenten Guides. Wir freuen uns darauf, Dich bei einer unserer Stadtführungen willkommen zu heißen!